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Wovon wir ausgehen
 

Der Mensch wird frei geboren. Die Möglichkeit der selbstbestimmten Gestaltung seiner Le­bensumstände ist Ausfluss seines Rechts auf freie Entfaltung. Seine Identität erwirbt der auto­nome Mensch nicht durch einen Staat oder eine Nation. Er bildet den Staat.

Unser Ansatz ist Aus­druck unseres Verständnisses von menschlicher Würde und es entspricht dem Stand des staatsrechtlichen und philosophischen Wissens. Wir wollen an die Stelle eines alle Bereiche des Lebens gängelnde Bürokratie neue Werte setzen wie: Selbstbestimmung, Selbstorganisa­tion und Selbstverwaltung. Die diese Werte tragende Moral muss mehr sein, als das Glaubensbekenntnis von Religionsgemeinschaften. Eine Moral, die eine moderne Gesell­schaft trägt und sie lebenswert und lebensfähig macht, ist gleichsam die Verfassung hinter der Verfassung. Ihre gemeinsame Grundlage ist die Souveränität des Menschen.

Eine Klarstellung muss sein: Unser Verständnis von Autonomie steht im Gegensatz zur liber­tär wirtschaftlichen Haltung zum Menschen. Dieser homo oeconomicus ist ein wirtschaftli­cher Egoist – ein theoretisches, asoziales Wesen, das letztlich den regulierenden Staat voraus­setzt. Der Raubtierkapitalismus dieses Homo oeconomicus braucht letztlich einen ‚Staat in seiner Hand‘. Nur dann kann er sich austoben wie in der Finanzkrise. Nur dann kann er die Völker für seine negativen Folgen verantwortlich machen, seine Folgen so­zialisieren und Menschen der Rationalität des Profits unterwerfen. Diese Welt in der Menschen gleichsam zu Dingen werden (z.B. Humankapital), ist eine andere als die, die wir wollen.

Ganzheitliches Wirtschaften und Leben entspricht der neuen Welt

Der technisch-wirtschaftliche Wandel bringt neue Herausforderungen, aber er schafft auch neue Optionen. Unser Weg ist modern. Er ist eine Antwort auf die Herausforderungen des Wandels und mit ihm können wir die Optionen einer neuen Welt nutzen. Die technisch-wirt­schaftliche Entwicklung ist über die Phase der Großindustrie hinweggegangen. Neue Techno­logien sind im Kern dezentral. Sie ermöglichen umweltgerechtes Wirtschaften und einen menschenwürdigen Sozialstaat. Die derzeitigen For­men sozialer Zerstörung und ökologischen Raubbaus sind Folgen einer überholten (also un­modernen) politischen wie wirtschaftlichen Formierung des Fortschritts.

Die Modernisierung des Staates auf der Basis einer Verfassung vom Volk entspricht deshalb ökologischen wie sozialen Erfordernissen und auch der technisch-wirtschaftlichen Entwick­lung. Zudem wird die gegenwärtige Welt durch Zentralisierung und Bürokratisierung über­komplex. Sie entzieht sich dem menschlichen Maß und allein deshalb sind Dezentralisierung und Regionalisierung als Bedingung für Selbstbestimmung wichtig, um die Komplexität der modernen Welt auf ein menschliches Maß zu reduzieren.

Eine zukunftsfähige Politik muss deshalb im Kern dezentral sein. Nur dezentral können sich die Wissenssysteme entfalten, die wir brauchen, um die Optionen der neuen Welt für uns und die Gemeinschaft zu nutzen. Denn nur dezentral in den Kommunen und Regionen kann sich die Gleichwertigkeit des praktischen wie theoretischen Wis­sens auf der Grundlage von Selbst­organisation herstellen. Beides zusammen wird die neue Wissensinfrastruktur ausmachen. Unser Ansatz schafft dafür eine stabile Grundlage.

 

Der Weg zum Ziel

Unser Ziel ist ein Verfahren, mit dem sich das Volk selbst eine Verfassung geben kann. Es ist im Grunde ein politischer Werkzeugkasten, der aus Instrumenten und dem Wissen ihres Ein­satzes besteht. Wir wollen selbst keine Verfassung erarbeiten, sondern nur einen Weg bereiten und die Werkzeuge zur Verfügung stellen, die zu einer Verfassung führen.

Wir sind aber nicht auf ‚unsere Lösung‘ fixiert. Maßstäbe an unser Handeln wie an unser Ver­fahren sind Lernfähigkeit und Flexibilität. Selbstverantwortung kann man lernen. Unser Ver­fahren will Menschen abholen, ihnen eine Struktur geben, sie aber nicht bevormunden. Nach Nietzsche kann man sagen: Wir sind ein Geländer am Fluss. Man kann uns greifen und findet Halt, aber eine Krücke sind wir nicht. In allen Verfahren und auch in einer Verfassung des Volkes wird es künftig um Anpassungs- und Lernfähigkeit durch Flexibilität gehen. Wichtig ist, was das Volk – der Souverän – letztlich entscheidet, aber noch wichtiger ist, dass er es ist, der es auch im Bewusstsein als Souverän entscheidet.

Grundlage eines Verfassungsverfahrens ist deshalb eine herrschaftsfreie Kommunikation. Sie ermöglicht, dass eine Entscheidung auf einer breiten demokratischen Grundlage getroffen wird. Vor allem aber ist es ein Verfahren gleicher Rechte und Freiheiten. Denn eine demokra­tische Verfassung braucht neben dem Wissen von Experten und Wissenschaftlern über die Grundbelange einer neuen politischen Ordnung auch das praktische Wissen und darüber hin­aus das Denken, Fühlen und Wollen des Volkes. Es muss sich in offener Kommunikation zu einer Synthese formen, um nicht nur eine seelenlose Themensammlung zu schaffen, sondern eine lebendige Verfassung, die als Norm des politischen Handelns gelten kann.

 

Die Institutionen des Verfahrens sind an den Willen des Volkes gebunden

Im Verfahren für eine Verfassung müssen Vorkehrungen geschaffen werden, um die Instituti­onen (Verfas­sungskonvent und Regionalkonferenz) an den Willen des Volkes zu binden. Beide Institutio­nen versinnbildlichen das ganzheitliche Denken des Schöpfungsprozesses ei­ner demokrati­schen Verfassung. Der Verfassungskonvent wird ausschließlich als Instrument der Zivilge­sellschaft für die Erarbeitung, die Kontrolle und Weiterentwicklung der Verfas­sung geschaf­fen. Er ist getrennt von der praktischen Politik und damit entfällt die Möglich­keit, sich Vor­teile durch politische Gefälligkeiten zu verschaffen. Es ist also eine moderne Form der konse­quenten Gewaltenteilung. Er hat wichtige Funktionen, weil er bei der Zusammenfassung, Ko­ordinierung, sprachlichen Fassung der Vorschläge zur Verfassung federfüh­rend ist. Aber er hat keine Entscheidungsfunktionen, sondern seine Arbeitsergebnisse werden in der Öffent­lichkeit – hergestellt durch die Regionalkonferenzen – und letztlich in Volksab­stimmungen entschieden. Es ist also vorgesorgt, um kein neues Machtzentrum jenseits des Volkswillens entstehen zu lassen.

Die Regionalkonferenz ist der öffentliche Raum, in dem die Vorstellungen der Bürgerinnen und Bürger der Region eingehen, koordiniert werden, um nach einer öffentlichen Debatte in den Verfassungskonvent eingehen. Nach der Phase der Abstimmung und Koordinierung, der Behandlung von Widersprüchen und der Formulierung konkreter Vorschläge für die Verfas­sung wiederum im Verfassungskonvent, soll nach wiederholten öffentlichen und freien Debat­ten dann Schritt für Schritt mit einer letztentscheidenden Volksabstimmung dem Gedanken der Souveränität des Volkes Rechnung getragen werden. Eine Konkretisierung des Verfahrens erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt.

Das Zusammenspiel dieser Institutionen sichert nicht nur, dass ganzheitliches Wissen und Er­fahrungen mit dem Wissen, Fühlen und Wollen des Volkes in ein Systemwissen neuen Typs integriert werden. Vielmehr wird im Zusammenspiel von Beratung, öffentlicher Debatte und Volksentscheidung auch ein Moment der kontinuierlichen praktischen Erneuerung der Verfas­sung institutionalisiert. Damit lebt die Verfassung. Sie ist keine abstrakte oder abgehobene Norm, die zu ihrer Auslegung weltfremder Theorien bedarf, sondern sie ist gelebte Norm und damit praktisch wirksame Rückbindung der Politik an die Ordnung des Rechts.

 
 

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